Mehr als eine Checkliste für die Praxis?
Die Personalbemessung (PeBeM) in Pflegeeinrichtungen steht im Mittelpunkt der Diskussion um bessere Pflegequalität und effizienteren Einsatz von Ressourcen, ein wesentlicher Bestandteil ist der sogenannte Interventionskatalog, der erstmals durch die Studie von Professor Heinz Rothgang eine zentrale Rolle erhielt. Doch was genau steckt dahinter? Und warum ist es entscheidend, diesen Katalog nicht einfach nur blind zu befolgen?
Was ist der PeBeM-Interventionskatalog?
Der PeBeM-Interventionskatalog wurde im Rahmen der Rothgang-Studie entwickelt, um pflegerische Unterstützungsbedarfe zu standardisieren und messbar zu machen. Ziel war es, ein Instrument zu schaffen, das den individuellen Unterstützungsbedarf eines Bewohners, der sich aus dessen Pflegegrad ergibt, in pflegerische Interventionen übersetzt und so eine valide Grundlage für Personalberechnungen bietet.
Die Liste enthält typische Pflegehandlungen – etwa die Unterstützung bei der Körperpflege oder die Begleitung zu Mahlzeiten. Dieses Verfahren ermöglichte es, pflegerische Aufgaben zu operationalisieren und quantitativ zu erfassen, um den Personalbedarf wissenschaftlich fundiert zu berechnen.
Weitere Informationen zur Personalbemessung und zum PeBeM-Interventionskatalog finden Sie auf der Website des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) sowie in den Publikationen des GKV-Spitzenverbandes.
Der Katalog in der Praxis
In der praktischen Anwendung wird der Interventionskatalog oft als eine Art „Checkliste“ verstanden. Pflegekräfte und Leitungspersonen sehen darin häufig eine vorgegebene Struktur, die sie im Arbeitsalltag abarbeiten sollen. Doch genau hier liegt eine der größten Herausforderungen:
- Standardisierung vs. Individualität: Der Katalog wurde primär zur Operationalisierung der Daten in der Studie entwickelt, nicht als strikte Handlungsanweisung. Pflege ist und bleibt eine individuelle Handlung, die sich nicht immer in festgelegte Zeitfenster pressen lässt.
- Gefahr der Überreglementierung: Wenn der Interventionskatalog zu wörtlich genommen wird, besteht die Gefahr, dass er mehr als administratives Kontrollinstrument denn als Orientierungshilfe wahrgenommen wird. Das widerspricht dem Gedanken einer individuellen, bedürfnisorientierten Pflege.
Kritikpunkte und praktische Herausforderungen
- Operationalisierung statt Praxisanleitung: Die Rothgang-Studie nutzte den Katalog als Werkzeug, um pflegerische Tätigkeiten messbar zu machen – nicht, um Handlungsempfehlungen zu geben. Leitungskräfte sollten sich dessen bewusst sein und den Katalog kritisch hinterfragen.
- Fehlende Flexibilität: In der Pflegepraxis gibt es zahlreiche Situationen, die von den standardisierten Interventionen abweichen. Pflegefachpersonen müssen die Freiheit haben, flexibel zu agieren, ohne sich über Vorgaben zu „vergehen“.
- Gefahr des Tunnelblicks: Ein zu starker Fokus auf standardisierte Vorgaben kann dazu führen, dass wichtige Aspekte wie zwischenmenschliche Kommunikation oder psychosoziale Betreuung vernachlässigt werden.
Der Interventionskatalog als Orientierungshilfe
Der PeBeM-Interventionskatalog könnte sich als Orientierungshilfe eignen, da er einen systematischen Überblick über typische Pflegehandlungen bietet und dabei hilft, Prozesse klarer zu strukturieren. Dies erleichtert insbesondere die Einarbeitung neuer Pflegekräfte, die durch den Katalog schneller ein Verständnis für die verschiedenen Aufgabenbereiche gewinnen könnten.
Darüber hinaus kann der Katalog dazu beitragen, den Unterstützungsbedarf von Bewohnerinnen und Bewohnern einheitlich zu dokumentieren und dadurch die Kommunikation innerhalb des Teams zu verbessern. Durch die Vorgaben bietet er zudem eine Grundlage für die Planung von Personaleinsatz und Arbeitsabläufen.
Eine mögliche Herangehensweise ist es, den Katalog in Schulungen oder Teambesprechungen zu thematisieren. Fragen wie diese könnten diskutiert werden:
- Welche Aspekte des Katalogs sind für unsere Einrichtung hilfreich?
- Wo bestehen Herausforderungen in der Umsetzung?
- Wie können wir Flexibilität und Standardisierung in Einklang bringen?
Warum der Interventionskatalog nicht allein genügt
Der PeBeM-Interventionskatalog ist ein wichtiges Werkzeug, doch er allein reicht nicht aus, um die komplexen Herausforderungen in der Pflege zu meistern. Leitungskräfte müssen darauf achten, dass der Fokus auf Pflegefachlichkeit, individuelle Pflege und zwischenmenschliche Beziehungen nicht verloren geht.
Zudem sollte der Katalog stets in Verbindung mit anderen Instrumenten wie dem Bezugspflegesystem oder qualifikationsorientierter Arbeitsverteilung gesehen werden. Nur so können qualitative und quantitative Aspekte der Pflege miteinander verknüpft werden.
Fazit: Kritisch nutzen statt blind befolgen
Der PeBeM-Interventionskatalog bietet eine hilfreiche Grundlage, um den Unterstützungsbedarf systematisch zu erfassen und zu operationalisieren. Doch in der Praxis sollte er niemals als starre Handlungsanweisung interpretiert werden. Leitungskräfte sind gefragt, die Balance zwischen Standardisierung und individueller Pflege zu finden und den Katalog kritisch zu hinterfragen.
Sind Sie unsicher, wie Sie den PeBeM-Interventionskatalog in Ihrer Einrichtung am besten nutzen können?
Wir wissen, wie komplex Organisationsentwicklung im Kontext von PeBeM sein kann. Deshalb bieten wir gezielte Beratung und Begleitung an, um Pflegeheime bei der Umsetzung zu unterstützen. Gemeinsam analysieren wir die bestehenden Strukturen, entwickeln ein individuelles Vorgehen und begleiten Sie durch den gesamten Prozess. Unser Ziel ist es, nicht nur den Anforderungen von PeBem gerecht zu werden, sondern auch Ihre individuelle Situation zu berücksichtigen.
Denn am Ende geht es darum, die Pflege so zu gestalten, dass sie für Bewohner:innen und Mitarbeitende gleichermaßen passt.
Dazu bieten wir Ihnen ein Komplettpaket an, mit dem wir Sie über einen Zeitraum von einem Jahr bei der Auswahl und Umsetzung einer neuen Arbeits- und Ablauforganisation unterstützen: