Die Einführung des neuen Personalbemessungsverfahrens (PeBem) stellt einen wichtigen Schritt in der Weiterentwicklung der stationären Altenhilfe dar. Ziel ist es, den tatsächlichen Personalbedarf der Bewohner:innen anhand deren Pflegegrade zu ermitteln und die Pflegequalität durch eine passgenaue Personalbemessung zu sichern. Für Einrichtungsleitungen und Pflegedienstleitungen ist dies eine Herausforderung – aber auch eine Chance zur zeitgemäßen und bedarfsgerechten Organisationsentwicklung.
In diesem Blogbeitrag werfen wir einen Blick darauf, wie Organisationen erfolgreich auf die Anforderungen des neuen Personalbemessungsverfahrens reagieren und eine erfolgreiche Organisationsentwicklung gestalten können. Wir analysieren die Notwendigkeit, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen, betrachten die zentralen Herausforderungen und zeigen Wege zur Umsetzung auf – ergänzt durch Praxisbeispiele.
1. Einführung: Was ist das neue Personalbemessungsverfahren?
Das Personalbemessungsverfahren in der stationären Altenhilfe gilt seit 2023 und basiert auf gesetzlichen Vorgaben (§ 113c Absatz 1 SGB XI).
Das Gesetz sieht bundeseinheitliche Personalanhaltswerte für vollstationäre Pflegeeinrichtungen vor. Die Werte beschreiben, wie viel Personal mit welcher Qualifikation für die Versorgung der Pflegebedürftigen in den einzelnen Pflegegraden vereinbart werden kann. Pflegeeinrichtungen haben damit die Möglichkeit, mehr Personal zu vereinbaren.
PeBeM ist aber nicht nur ein Instrument zur Berechnung von Personalanhaltswerten und zur Qualitätssicherung, sondern auch eine Grundlage für eine transparente und bedarfsgerechte Personalplanung. Damit verändern sich auch die Arbeitsprozesse in den Pflegeeinrichtungen grundlegend.
Einrichtungen, die diesen Wandel aktiv gestalten, können von einer höheren Pflegequalität, optimierten Arbeitsbedingungen und einer höheren Mitarbeiterzufriedenheit profitieren.
2. Die Notwendigkeit gelingender Organisationsentwicklung im Kontext von PeBem
Gesetzliche Verpflichtungen und Qualitätssicherung
Die Einführung von PeBem ist keine Option, sondern eine gesetzliche Verpflichtung (§ 113c Abs. 1 SGB XI). Organisationen, die den Umstellungsprozess vernachlässigen, riskieren daher nicht nur rechtliche Konsequenzen, sondern auch Einbußen in der Pflegequalität. PeBeM ist ein zentraler Baustein, um den gestiegenen Ansprüchen von Bewohner:innen, Angehörigen und Kostenträgern gerecht zu werden und gleichzeitig die Arbeitsbedingungen in stationären Pflegeeinrichtungen zu verbessern.
Fachkräftemangel als Treiber der Veränderung
In einer Branche, die heute und in Zukunft mit einem massiven Fachkräftemangel konfrontiert ist, ist eine genaue Personalbemessung unerlässlich. PeBeM ermöglicht es, die vorhandenen Ressourcen effizienter zu nutzen und die Arbeitsbelastung gleichmäßiger zu verteilen. Dies erhöht nicht nur die Arbeitszufriedenheit, da Überlastungen vermieden und Transparenz über die zu erledigenden Aufgaben geschaffen wird, sondern stärkt auch die Bindung der Pflegekräfte an die Organisation.
Wettbewerbsvorteil durch professionelle Umsetzung
Einrichtungen, die PeBeM frühzeitig und professionell umsetzen, können sich als attraktive Arbeitgeber positionieren. Gleichzeitig stärken sie ihre Marktposition durch eine transparente Kommunikation der Pflegequalität.
Organisationsentwicklung als Notwendigkeit
Das Projekt PeBeM (vgl. Rothgang et al. 2020) hat u.a. gezeigt, dass die Arbeitsorganisation in stationären Pflegeeinrichtungen bisher nicht an den Qualifikationen der Pflegekräfte ausgerichtet ist. Pflegefachkräfte nutzten nur die Hälfte ihrer Arbeitszeit für pflegerische Interventionen. Gleichzeitig führten Hilfs- und Assistenzkräfte in einem Fünftel ihrer Arbeitszeit Maßnahmen durch, für die sie nicht ausreichend qualifiziert waren.
Daraus folgt, dass für einen effektiven Einsatz des zusätzlichen Personals umfassende Maßnahmen der Organisationsentwicklung erforderlich sind, da sich für eine effektive und effiziente Pflege die Aufgabenverteilung zwischen Pflegefach- und Pflegehilfskräften verändern muss (vgl. auch § 113 c, Abs. 3, SGB XI). Bei einer solchen Verschiebung in der Qualifikationsstruktur sollten die zusätzlichen Pflegekräfte so eingesetzt werden, dass sich die Pflegequalität und die Arbeitsbedingungen für alle Pflegekräfte gleichermaßen verbessern.
3. Herausforderungen bei der Umsetzung
Technische und organisatorische Anforderungen
Die Einführung von PeBeM erfordert eine Neugestaltung der Personaleinsatzplanung. Viele Organisationen stehen vor der Herausforderung, bestehende digitale Systeme zu integrieren oder neue Softwarelösungen zu implementieren. Dies geht häufig mit Schulungsbedarf für die Mitarbeitenden und Anpassungen bestehender Arbeitsabläufe einher. Hier finden Sie vertiefende Ausführungen rund um den Umgang mit digitalen Optionen in der stationären Tourenplanung.
Widerstände im Team
Veränderungsprozesse lösen häufig Unsicherheiten und Widerstände aus. Mitarbeiter:innen können befürchten, dass neue Arbeitsabläufe oder auch neue Technologien ihre Arbeit erschweren oder ihre Fähigkeiten in Frage stellen. Hier sind eine transparente Begleitung, Beratung und Kommunikation sowie ein partizipativer Ansatz von Anfang an notwendig, damit die Umsetzung gelingen kann.
4. Möglichkeiten zur erfolgreichen Organisationsentwicklung
4.1 Vor dem Start: Planung und Ist-Analyse
Eine gelingende Organisationsentwicklung beginnt mit einer klaren Strategie.
Fragen, die Sie sich stellen sollten, lauten:
- IST-Analyse: Wie gut ist unsere Organisation auf die Anforderungen von PeBeM vorbereitet? Welche Systeme und Prozesse sind bereits vorhanden? Was funktioniert gut? Wer macht bei uns was mit welcher Qualifikation wann?
- Definition von Zielen (SOLL-Vision): Was möchten wir mit der Einführung von PeBeM erreichen? Welche Vorteile erwarten wir für Bewohner:innen und Mitarbeiter:innen?
- Ressourcenplanung: Welche finanziellen, technischen und personellen Ressourcen benötigen wir?
4.2 Einbindung der Mitarbeitenden
Ein zentraler Erfolgsfaktor für die Umsetzung von PeBeM ist die aktive Einbindung der Mitarbeitenden. Bieten Sie Raum für Dialog und berücksichtigen Sie die Perspektiven der Pflegekräfte:
- Schulungen und Workshops: Vermitteln Sie das nötige Wissen über PeBeM, die Vorgehensweise der Organisationsentwicklung und ggfs. eingesetzte Tools.
- Partizipation: Beziehen Sie Mitarbeitende in die Planung und Umsetzung ein, um Akzeptanz und Motivation zu fördern.
- Feedbackkultur: Etablieren Sie Mechanismen, um Rückmeldungen aus dem Team aufzunehmen und umzusetzen.
Beispiel: Change-Management in einer Großorganisation
Ein Träger von Seniorenheimen in Nordrhein-Westfalen setzte auf eine intensive Einbindung des Personals. Pflegefachkräfte und die PDL wurden zu Botschaftern für die Einführung von PeBeM. Sie unterstützten ihre Kolleg:innen und sorgten für eine reibungslose Implementierung. Die hohe Akzeptanz im Team führte zu einer schnellen und erfolgreichen Umsetzung.
4.3 Monitoring und kontinuierliche Verbesserung
Die Einführung von PeBeM ist aus unserer Sicht kein einmaliger Prozess. Nutzen Sie die gewonnenen Daten, um kontinuierlich an der Optimierung zu arbeiten:
- Kennzahlenanalyse: Welche Ergebnisse erreichen wir durch PeBeM? Wo gibt es Abweichungen oder Verbesserungspotenziale?
- Anpassungen: Reagieren Sie flexibel auf veränderte Anforderungen und Feedback aus der Praxis.
- Best Practices: Tauschen Sie sich mit anderen Einrichtungen aus und profitieren Sie von deren Erfahrungen.
Kurz: Durch das aus dem agilen Arbeiten bekannt iterative Vorgehen kann es gelingen, die für Ihre Einrichtung individuellen Bedarfe mit den Anforderungen von PeBem zu verbinden, um so kontinuierlich an Ihrer Organisation zu arbeiten.
5. Fazit: PeBeM als Chance für die Organisationsentwicklung
Das neue Personalbemessungsverfahren ist Herausforderung und Chance zugleich. Es bietet Einrichtungen der stationären Altenhilfe die Möglichkeit, nicht nur die gesetzlichen Vorgaben zu erfüllen, sondern auch die Qualität der Pflege nachhaltig zu verbessern.
Erfolgreiche Organisationsentwicklung im Kontext von PeBem erfordert einen auf Ihre Organisation abgestimmten und ganzheitlichen Organisationsentwicklungsprozess – von der strategischen Planung über die Beteiligung der Mitarbeitenden bis hin zur kontinuierlichen Verbesserung.
Die Investition in eine professionelle Begleitung des Organisationsentwicklungsprozesses zahlt sich dabei aus – für Ihre Bewohner:innen, die Mitarbeitenden und die gesamte Einrichtung. Mit einem klaren Fahrplan und einer aktiven Gestaltung des Veränderungsprozesses wird Ihre Organisation zum Vorreiter in der stationären Altenhilfe.
Unsere Unterstützung bei der Umsetzung
Wir wissen, wie komplex Organisationsentwicklung im Kontext von PeBeM sein kann. Deshalb bieten wir gezielte Beratung und Begleitung an, um Pflegeheime bei der Umsetzung zu unterstützen. Gemeinsam analysieren wir die bestehenden Strukturen, entwickeln ein individuelles Vorgehen und begleiten Sie durch den gesamten Prozess. Unser Ziel ist es, nicht nur den Anforderungen von PeBem gerecht zu werden, sondern auch Ihre individuelle Situation zu berücksichtigen.
Denn am Ende geht es darum, die Pflege so zu gestalten, dass sie für Bewohner:innen und Mitarbeitende gleichermaßen passt.
Dazu bieten wir Ihnen ein Komplettpaket an, mit dem wir Sie über einen Zeitraum von einem Jahr bei der Auswahl und Umsetzung einer neuen Arbeits- und Ablauforganisation unterstützen: